Wenige Autoren haben über das Mysterium des Erwachsenwerdens, über das schwierige Leben von Außenseitern in unserer erfolgsorientierten Gesellschaft, über Antisemitismus in den USA oder über brutale Gewalt im sozialen Nahraum so eindringlich und erfolgreich geschrieben wie Stephen King. Es gibt sogar Leute, die davon überzeugt sind. King sei überhaupt deshalb so erfolgreich. Das stimmt natürlich […]
Kategorie: Literatur
München – Robert Harris (2017)
Männerliteratur! “Mir gefällt es, wie er schreibt.” Diesen Satz kann hören, wer sich in Buchhandlungen in der Nähe des Bücherstoßes mit Robert Harris’ “München” herumtreibt. Diesen Satz sagen Männer. “München” handelt von vier Tagen im September 1938. Hitler hat bereits Österreich kassiert und den Einmarsch in die Tschechoslowakei angekündigt. Neville Chamberlain, der britische Premierminister, will […]
Das Tiefland – Jhumpa Lahiri (2013)
Der Terror der linken Maoisten Indiens um 1970 ist in bei uns in Zentraleuropa praktisch unbekannt. Kein Wunder – hatten Deutschland und Italien in den 70er Jahren doch selber ein massives Problem mit der zunehmend gewaltbereiten außerparlamentarischen Opposition, es gab kein Internet und die europäische Illusion vom “friedliebenden Hippie & Gandhi Indien” verstellte den Blick. […]
Anna Kim – Die große Heimkehr (2017)
NIEMALS SOLLST DU versuchen, als Autor mit dem Zeigestab des Lehrers die Menschen zu belehren! Die Österreicherin Anna Kim hat es trotzdem gemacht, verkauft sich recht gut und liest sich — leider langweilig wie eine verstaubte Klischee-Schulstunde. Papierene Figuren erleben in der Rückschau eines alten Mannes im Korea und Japan zwischen 1945 und den 60er […]
I Hate the Internet – Jarret Kobek (2016)
Das Silicon Valley, der Rassismus und das Internet. In lässigem Erklärton beschreibt Jarret Kobek zukünftigen unwissenden Generationen, wie die USA von heute gewesen und geworden sind. “Yale war eine Universität. Universitäten waren Hochstapler-Institutionen, … die bessere Waffen für zukünftige Kriege entwickelten.” Damit verzückte Jarret Kobek im Vorjahr die internationale Kulturkritik. Von den Anfängen der USA […]
Die sterblich Verliebten – Javier Marías (2012)
Die Kunst, sich in den eigenen Sack zu lügen. Davon haben wir schon lange nicht mehr so schön gelesen wie bei Javier Marías. Die große Liebe: Sie ist absolut, wahr, einzigartig. So glauben wir. So wollen wir es glauben. Javier Marías, der kühle Madrilene, zerlegt diese Wahrheit vor unseren Augen und zeigt uns, wie sehr […]
Das Lied von Eis und Feuer – George R. R. Martin (1996 – ?)
Schattenwölfe! Drachen! Riesen! Untote! Kinder als mutige Helden im mittelalter-ähnlichen Epos von Eis und Feuer. Eine Riesen-Fangemeinde folgt den Büchern von George R. R. Martin und der Fernsehserie “Game of Thrones” auf allen sozialen Netzwerken. Buchhandlungen berichten fassungslos von zahllosen jungen (!) und älteren BuchkäuferInnen (“Jetzt lesen sie alles noch mal auf Englisch!”), die ungeduldig […]
Wilhelm Tell in Manila – Annette Hug (2016)
Eine studentische Burschenschaft ist der erste Kontakt des philipinischen Augenarztes und Dichters José Rizal in Heidelberg. Da seine Deutschkenntnisse noch nicht gut sind, unterhält man sich eben auf Latein – und versteht sich gut. Der exotische Doktor wird sogar gebeten, Mitglied zu werden. Wir schreiben das Jahr 1886 und viele Personen des Romans sind real: […]
Madame Bovary – Gustave Flaubert (1856)
Zwischen Cervantes und Houellebecq: “Es wurde also beschlossen, Emma am Romanlesen zu hindern.” 250 Jahre nach Miguel de Cervantes’ Don Quijote erzählt wieder ein Autor aus dem romanischen Sprachraum von der “verderblichen Wirkung” populärer Literatur. Und so wie der spanische Longseller hat sich Madame Bovary im Kanon der “Werke, die man gelesen haben muss” […]
Das Ministerium der Schmerzen – Dubravka Ugrešić (2005)
“Das Exil ist eine Entscheidung im Leben, kein Spiel.” (Marina Zwetajewa) Das muss man bei Exil-AutorInnen bedenken, denn von außen sieht das Exil oft wie ein großes Abenteuer aus. Und manchmal gerät das Schreiben über das Exil in einen lockeren, selbstironischen Plauderton, über dem man das Schwere ganz vergisst. Der Protagonistin von Das Ministerium der […]