Fight Club – Chuck Palahniuk (1996)

Erste Regel des Fight Club: „You don’t talk about fight club.” Das Kultbuch über die zwei anarchistischen Laugen- und Seifenköche von Chuck Palahniuk wurde bereits 1999 verfilmt: Ohne Schmerz, ohne Opfer hast du gar nichts.

Der namenlose (und literaturtheoretisch extrem unzuverlässige) Erzähler, ein Vielflieger, leidet aufgrund eines nicht endenden Jetlags an Schlaflosigkeit. Dafür hat er bereits zu Beginn des Romans eine erfolgreiche Therapie gefunden: Er sucht sich Selbsthilfegruppen für Patient*innen mit tödlichen Krankheiten – die geführten Meditationen mit finalem gemeinsamem Weinen verschaffen ihm Katharsis, Linderung und Schlaf. Dort lernt er in einem absurden Konflikt Marla kennen, ebenfalls eine Selbsthilfegruppen-Touristin.

Der Stellvertreter-Schmerz wird bald in blanke Gewalt transformiert: „Ich will, dass du mich so fest schlägst, wie du nur kannst.“ Palahniuk kreiert eine gewalttätige Utopie der Gegenwart. Der Protagonist und sein neuer Kumpel, Tyler Durden, gründen den titelgebenden Fight Club, bei dem jeweils zwei Männer mit bloßen Fäusten aufeinander eindreschen, bis der Kampf vorbei ist. Die Transformation funktioniert: Die zusammengeschlagenen Körper „kommen an“, sie kommen mit sich in Verbindung, sie sind zu allem bereit. Immer mehr Männer schließen sich dem Fight Club an. Rasch entwickelt sich der Kellerklub zur militärisch organisierten Organisation, der die Männer alles zu geben bereit sind. Palahniuks Text erinnert entfernt an die Männerwelt von Michel Houellebecq, wobei der Amerikaner nicht explizit frauenfeindlich und deutlich besser gelaunt ist: Neben anderen Absurditäten installiert er auch einen „Ausschuss für Unfug“ und ein subversives Geschäftsmodell – mit dem Luxus-Seifenprojekt verkauft der Fight Club das abgesaugte Fett aus Schönheitskliniken den Reichen als teures kosmetisches Produkt zurück.

Schneeflocke – Du bist nichts Besonderes

Der sich voller Stolz und Hingabe unterordnende Mann! Er wähnt sich als Teil einer Elite. Wir haben ihn bei Klaus Theweleits „Männerphantasien“ als hasserfüllten Freischärler kennengelernt, aber auch schon in vielen Romanen und Filmen als Helden bejubelt. Palahniuks Fight Club definiert sich über Klassenhass, Konsumkritik und gesellschaftliche Zwänge: „Du bist nicht dein Job! Du bist nicht deine Familie“.  Und: „You are not special. You are not a beautiful and unique snowflake.”

Die Welt ist heute, 25 Jahre nach dem Erscheinen des Buchs, eine andere. Die Schneeflockenmetapher hat in der Zwischenzeit ein Eigenleben entwickelt und hat sich im Ping-Pong zwischen Erklärern der Generation Millennium und der amerikanischen Rechten aufgerieben.

Heute treibt die neue Einsamkeit des Menschen hinter den Smartphones um, der hohe Anteil an Einsamen in den Gruppen rund um Verschwörungstheorien und Realitätsleugnung. Einsame sehnen sich nach Kontakt. Schlag mich, so fest du kannst. Mach dein Smartphone kaputt. Sir, jawohl, Sir. Wir warten auf Tyler Durden.

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