Saga Norén, die kantige TV-Polizistin aus der “Brücke”, ist eine anstrengende Frauen-Figur: Sie kombiniert wie Nick Knatterton, schießt wie Dirty Harry und rumpelt – beeinträchtigt durch ein nicht diagonostiziertes Asperger-Syndrom – durch ihr persönliches Umfeld.
Saga Norén, Kripo Malmö
Saga Norén, Kripo Malmö, hat null komma null Einfühlungsvermögen, einen brillanten Verstand und einen schlammfarbenen Porsche 911. Vier Staffeln lang löst sie mit ihrem Team Serienmorde, wobei ein besonderer Reiz darin liegt, dass es sich stets um Gewalttaten handelt, die in Schweden UND Dänemark verübt werden, so dass die titelgebende Öresund-Brücke zwischen Malmö und Kopenhagen auch die Polizei in beiden Städten verbindet.
Die Gegensätze der Mentalitäten sind Teil der Geschichten. Außenstehende (Nicht-SkandinavierInnen) werden die feine Klinge, mit der schwedische und dänische Eigenheiten gegenübergestellt werden, nicht immer wahrnehmen. Das Konzept wurde bereits von Österreich-Deutschland (“Der Pass” mit Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek), USA-Mexiko und Großbritannien-Frankreich (“The Tunnel”) übernommen.
Von Asperger bis Zielscheibe
Die fehlenden sozialen Skills der Polizistin machen erstens in Zeiten der übergroßen Vorsicht vor direkten Konflikten großen Spaß, bringen zweitens Kollegen ins Gefängnis (auch das Gefühl für Korpsgeist fehlt ihr völlig) und führt drittens zu herzzerreißenden Szenen, in denen Saga Norén an der Welt verzweifelt und die Welt an ihr. In diesem Scheitern an der Welt ähnelt ihre Figur dem Physiker Sheldon Cooper aus der US-Sitcom The Big Bang Theory, allerdings ist es für die Kriminalbeamtin weniger lustig: Im Zuge der vier Staffeln gehen ihr fast alle Menschen verloren, die sie gut kennen und die sie nehmen, wie sie ist.
Sofia Helin spielt die Rolle so gut, dass man ihr als Zuseher ständig auf die Sprünge helfen möchte: “Das musst du anders sagen! Bedank dich doch mal!” würde man gerne soufflieren.
Ganz anders bei der Polizeiarbeit: Saga hat keine Inselbegabung á la Rainman. Aber sie lässt sich nicht ablenken und analysiert daher besser als ihre KollegInnen, sie kombiniert besser und sie schießt auch besser.
Gruselige Serienmorde
Die Krimiwelt in Skandinavien ist seit Henning Mankell unvorstellbar grausam. So bleibt es auch unter Saga Norén: Gift, Steinigung, Skalpell, Gas und Einmauern gehören zu den Todesarten, die das Publikum entsetzen. Ein schöner Einfall ist, dass in allen vier Staffeln zuerst Handlungsstränge nebeneinander präsentiert werden, die sich erst allmählich im Auge der Polizei zu einer zusammenhängenden, “logischen” Entwicklung formieren.